Case Study: memo-media

Teil 1/2: Analyse, User-Test & Lösungen

Illustration einer Bewertungsseite

Das Unternehmen memo-media ist die Schnittstelle zwischen Veranstaltungsdienstleistern, Eventlocations, Künstler*innen auf der einen und Veranstaltungsplanenden auf der anderen Seite. Die Website eventbranchenverzeichnis.de ist eine praktische Suchmaschine, über die man passende Dienstleister für das nächste Event finden und anfragen kann.

Im Laufe der Jahre wuchs das Verzeichnis immer weiter, die Usability war nicht mehr zeitgemäß und eine komplette Restauration des Alt-Systems stand an. Einige Stolpersteine in der Usability waren bereits durch Anwenderfeedback bekannt. Dennoch rieten wir dazu, Anwender*innen in einem Usability-Test über die Schulter zu schauen, um herauszufinden, wie sie mit der Anwendung interagierten. Dies ermöglichte, Rückschlüsse auf den Umgang mit der Webseite zu ziehen und versteckte Schwierigkeiten zu erkennen.

laptop auf einem Tisch mit screenshot des Eventbranchenverzeichnis
Ein User Test bringt wichtige Erkenntnisse.

User-Test

Gemeinsam mit dem Kunden legten wir Schwerpunkte für den Usability-Test fest und klärten, welche Fragen mit dem User-Test beantwortet werden sollen.

Rechercheziele

  • Wie ist die allgemeine Ergonomie der Freitextsuche?

  • Wie finden sich Nutzer*innen bei der Suche über die Kategorien zurecht?  

  • Wie einfach kommen Nutzer*innen zu ihrem Suchergebnis? 

  • Wie leicht/schwer fällt es ihnen, einen Anbieter auszuwählen, der ihren Bedürfnissen entspricht?

  • Wird die Funktion des Adresspickers (Hauptfeature und Herzstück von eventbranchenverzeichnis.de) verstanden und ist das Feature einfach auffindbar? 

Basierend auf dieser Fragestellung definierten wir Fragen und Aufgaben, die die 5 Testpersonen beantworten sollten.

Illustration von Testusern

Herausforderungen und Erkenntnisse

Freitextsuche

  • Je mehr Wörter die Testenden in das Sucheingabefeld eingaben, desto mehr Suchergebnisse wurden ihnen angezeigt. Das erschwerte die Auswahl eines Anbieters, da die Suche nicht eingegrenzt wurde.

  • Darstellung der Freitextsuche: In der Searchbar (siehe Screenshot 1) klickten Testpersonen zum Auslösen der Suche den falschen Button. Statt auf den Button mit der Lupe zu klicken, um die Suchanfrage zu starten, nutzten sie den “Wir suchen für dich“-Button zum Auslösen. “Wir suchen für dich“ ist ein Service von memo-media, bei dem die Eventplanenden ein Anfrageformular ausfüllen, um so den passenden Dienstleistenden für das geplante Event zu finden.

Screenshot Searchbar altanwendung
Screenshot 1: Searchbar der alten Anwendung

Suchergebnisseite

  • Testpersonen war unklar, wonach die Suchergebnisse in der Liste sortiert wurden. Die Suchergebnisliste zeigte zahlende Dienstleistende, so genannte Premiumanbieter stets zuerst an. Das führte dazu, dass die Entfernung zum Suchort nicht berücksichtigt wurde. Auch fehlte den Testern die Möglichkeit einer Sortierung bzw. Filterung der Suchergebnisse.

  • Die Nähe eines Dienstleistenden spielte für die Testkandidaten eine wichtige Rolle bei der Auswahl. Sie suchten vorwiegend nach ortsnahen Anbietern. In der Map fehlte ihnen die gesamte Übersicht aller Anbieter zu ihrer Suche. Es wurden nur Premiumanbieter auf der Karte gezeigt.

  • Auf der Ergebnisseite wurden unterhalb der Searchbar Kategorien angezeigt, die zur eingegebenen Suchanfrage passen. Diese wurden aufgrund der Darstellung vom Anwender nicht wahrgenommen (siehe Screenshot 2).

  • Eine weitere Erkenntnis aus den User-Tests war, dass ein ansprechendes Logo, Bilder vom angebotenen Service und der Name des Dienstleistenden ausschlaggebend dafür waren, ob sich die Testperson für einen Anbieter näher interessierte.

Screenshot der kategorien der alten Anwendung
Screenshot 2: Darstellung der Katgorien zu unauffällig

Anbieterseite/Detailseite

Unserem Rechercheziel zufolge wollten wir herausfinden, welche Herausforderungen es im Zusammenhang mit dem “Adresspicker” gibt. Der Adresspicker ist ein Feature, mit dem der Eventplanende so genannte Projektordner anlegen kann. In diese Projektordner konnte er/sie Eventdienstleistende hinzufügen und Notizen erfassen, um so sein nächstes Event besser zu planen.

 

In den User-Tests zeigte sich, dass der Name des Features bei Tester*innen zu Verwirrung führte und falsche Erwartungen weckte. Klickte eine nicht angemeldeter Nutzer*in auf das Adresspicker-Icon, gelangte sie auf eine neue Seite, den Login-Screen. Wir konnten beobachten, dass der Anmeldeprozess an dieser Stelle eine Hürde schaffte. Zudem hatten Anwender*innen Schwierigkeiten, zu ihren Suchergebnissen zurückzufinden.

 

Des Weiteren stellte sich heraus, dass Tester*innen eine Detailseite unmittelbar verließen, wenn Bilder und Videos angezeigt wurden, die nicht zu ihrer Suchanfrage passten.

Screenshot Detailseite
Screenshot 3: Detailseite mit gehighlighteten Adresspicker-Button

Kategoriensuche

Bei der Suche über die Hauptkategorien fanden wir heraus, dass die Testpersonen von Anzahl und Aufbau der Kategorien überfordert waren. Jede Unterkategorie führte auf eine neue Seite, wodurch die Tester*innen den Kontext verloren.

 

Nach Vorstellung der Usability-Probleme besprachen wir gemeinsam mit dem Kunden mögliche Lösungsansätze und priorisierten die Features, die wir im Projekt als erstes angehen wollen.

Lösungen

Suchergebnisseite

Von Beginn des Projektes an war klar, dass eine Kombination aus Volltext-Suche und geografischer Suche umgesetzt werden soll. Damit das System Suchergebnisse in annehmbarer Zeit liefern kann, werden beide Suchen innerhalb einer Datenbank umgesetzt.

Freitextsuche

Wir überarbeiteten die Suchergebnis-Sortierung und die Suchanfragen-Logik: Jeder Eintrag erhielt ein Index-Feld über alle relevanten Einträge (Firmenname, Kategorien, Beschreibung etc. ), über welches eine Such-Query abgesetzt werden kann. Hierbei wird die Full-Text-Suche mit Prostgres durch Hilfe einer tsvector column  umgesetzt.¹ Dieser Ansatz ermöglicht ebenfalls eine Abstraktion der Suchbegriffe (z.B. führt eine Suche nach “Tisch” hier nun zu den gleichen Ergebnissen wie eine Suche nach “Tischen”).

Geographische Suche

Für die Umsetzung der geographischen Suche, nutzten wir die eingebauten geospatial-Funkionen der Postgres-Erweiterung Postgis. Inbesondere die Umkreissuche ST_DWithin.² Jeder Eintrag hat die Niederlassung/den Ort ebenfalls als Geo-Koordinaten kodiert. So erhalten wir eine Menge an geographischen Punkten in unserer Datenbank:

Screenshot von Geokoordinaten

Wird eine Umkreissuche, z.B. um Köln, durchgeführt, wird dieser Ort ebenfalls als Geo-Koordinate umgewandelt und danach für weitere Suchen gecached. Nun werden alle Orte gesucht, die innerhalb eines definierten Umkreises um die Geo-Koordinaten von Köln liegen.

Weiterhin wird mit ST_Distance ³ die Distanz ausgerechnet, damit die nähesten Ergebnisse zuerst ausgegeben werden können. Da diese Queries beide innerhalb des Postgres-Kontextes ablaufen, kann neben der bereits erwähnten Full-Text-Suche ein Kategorie-Filter angewendet werden, ohne Performance zu verlieren.

Anbieterseite/Detailseite

Neben der Umbenennung des Adresspickers steht eine Neukonzeption des Features im Vordergrund. Fragte eine Eventplaner*in für ein bevorstehendes Event bisher mehrere Anbieter an, musste er/sie stets das Anfragen-Formular ausfüllen. Das führte zu Mehraufwand, da die Daten immer wieder aufs Neue eingegeben werden mussten. Unsere Empfehlung ist es, das Recherche-Tool (Adresspicker) mit einer In-App-Anbieter-Kommunikation zu verknüpfen. So braucht der/die Eventplanende aus einem Projektordner heraus nur eine Anfrage versenden.

Zusätzlich sollten künftig auch nicht angemeldete Nutzer*innen eine gewisse Anzahl Dienstleistende speichern bzw. favorisieren können. Sobald der nicht angemeldete User eine Anfrage an den Anbieter stellen oder weitere Features nutzen möchte, muss er sich registrieren bzw. einloggen.

Fortsetzung folgt.

Links & further reading:

Passende Inspired Stories:

Picture of Sophie Rauhut

Sophie Rauhut

Sophie arbeitet als UX Designerin bei Inspired Consulting. Sie unterstützt und begleitet die Kunden in der Konzeption und Realisierung von digitalen Produkten. Um die Feebackschleife kurz zu halten, setzt sie dabei auf klickbare Prototypen und zeitnahe Verprobung durch User-Tests.

Picture of Philipp Haußleiter

Philipp Haußleiter

Philipp ist IT-Consultant bei Inspired und Mit-Gründer von Connected Streams. Neben der Konzeption und der Entwicklung von verteilten Anwendungen liegen seine weiteren Schwerpunkte auf dem Entwurf und dem Setup von Umgebungen für Continuous Integration und Delivery und auf IT-Infrastrukturen.

Kürzliche Posts

Projekte

Case Study: WSAM ProDu

Die Wärtsilä SAM Electronics GmbH (WSAM) aus Hamburg ist spezialisiert auf die Konstruktion, Montage, Verkabelung und Inbetriebnahme von komplexen elektrischen

Read More »
Illustration einer navigationsanwendung
Projekte

Case Study: GeoLegalTech

Die GeoLegalTech GmbH aus Aachen recherchiert für ihre Kunden relevante Ereignisse im Baurecht und in den Entwicklungskonzepten von Städten und

Read More »